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Geteilte Stadt
Linz 1945 – 55

bis
  • Ausstellungsansicht, Geteilte Stadt. Linz 1945-55, 2015
  • Ausstellungsansicht, Geteilte Stadt. Linz 1945-55, 2015
  • Ausstellungsansicht, Geteilte Stadt. Linz 1945-55, 2015
  • Ausstellungsansicht, Geteilte Stadt. Linz 1945-55, 2015
  • Ausstellungsansicht, Geteilte Stadt. Linz 1945-55, 2015

8. Mai 1945: Der Krieg endet, die Zeit der Besat­zungs­mäch­te beginnt. Die Donau wird zur Demar­ka­ti­ons­li­nie, die das Mühl­vier­tel vom rest­li­chen Land trennt und somit auch Linz in zwei Zonen teilt – in einen rus­si­schen Nor­den und einen ame­ri­ka­ni­schen Süden.

Wor­an erin­nern sich jene, die damals in Linz gelebt haben? Fast jede/​r Zeitzeug*in weiß von den alli­ier­ten Wach­pos­ten an der Brü­cke zu berich­ten. Von lang­wie­ri­gen Kon­trol­len der Rus­sen und der Furcht der Ame­ri­ka­ner vor Unge­zie­fer, der sie mit DDT begeg­ne­ten. Der legen­dä­re Satz von Lan­des­haupt­mann Hein­rich Gleiß­ner: Wir haben die längs­te Brü­cke der Welt. Sie beginnt in Washing­ton und endet in Sibi­ri­en“, hat sich gleich­falls tief ins kol­lek­ti­ve Gedächt­nis gegra­ben. Die Erzäh­lun­gen über die ers­ten Besat­zungs­jah­re dre­hen sich oft um die Ver­sor­gungs­la­ge. Unzu­rei­chen­de Lebens­mit­tel­kar­ten, kaum genieß­ba­re Schul­aus­spei­sun­gen und Trans­por­te unter­ernähr­ter Kin­der in die Schweiz wer­den erwähnt, eben­so die aus ver­wurm­ten Erb­sen bestehen­den Lebens­mit­tel­spen­den der Sowjets und die in einem schar­fen Kon­trast dazu ste­hen­den üppig gefüll­ten CARE-Pake­te aus Ame­ri­ka. Den täg­li­chen Kampf ums Über­le­ben füh­ren nicht nur Urfahraner*innen und Linzer*innen, son­dern auch tau­sen­de Heimkehrer*innen, Dis­pla­ced Per­sons und Flücht­lin­ge, die die Kapa­zi­tät der ohne­hin schon über­füll­ten Stadt zu spren­gen drohen.

Unab­hän­gig von der Besat­zungs­zo­ne gibt es eine star­ke Sehn­sucht nach Ablen­kung aus der Mise­re, sei es durch kul­tu­rel­le oder sport­li­che Akti­vi­tä­ten. Die Grün­dung der Neu­en Gale­rie, der Bau des Sport­sta­di­ons auf der Gugl und eine blü­hen­de Thea­ter­sze­ne sind Zeug­nis­se für eine lang­sa­me Rück­kehr in die Nor­ma­li­tät. 1947 wird in der Voest der ers­te Hoch­ofen nach dem Krieg ange­bla­sen, zwei Jah­re spä­ter revo­lu­tio­niert das LD-Ver­fah­ren die welt­wei­te Stahlproduktion.

Nach und nach ver­schwin­den Bezugs­schei­ne für Lebens­mit­tel und Tex­ti­li­en, die Geschäf­te fül­len sich wie­der mit Waren. Der ers­te Selbst­be­die­nungs­la­den Öster­reichs öff­net nach ame­ri­ka­ni­schem Vor­bild 1950 sei­ne Pfor­ten in Linz. Der Nach­hol­be­darf ist nach der jah­re­lan­gen Ratio­nie­rung gewal­tig: Zunächst wird der Hun­ger nach lang ent­behr­ten Lebens­mit­teln gestillt, dann folgt die Pha­se der Neu­ein­klei­dung, gegen Mit­te der 1950er-Jah­re rich­tet man sich die Woh­nung neu ein. Wäre die Stadt nicht besetzt, könn­te man recht zufrie­den sein.

Als 1953 die Brü­cken­kon­trol­len auf­ge­ho­ben wer­den, fei­ert die gan­ze Stadt. Und als Bür­ger­meis­ters­gat­tin Elmi­ra Koref zu die­sem Anlass mit Lan­des­haupt­mann Gleiß­ner auf der Nibe­lun­gen­brü­cke Wal­zer tanzt, tanzt Linz gleich­zei­tig in das Kon­sum­zeit­al­ter hin­ein.

Das Stadt­mu­se­um Nordico hat für die­se Aus­stel­lung sei­ne umfas­sen­de Foto­samm­lung durch­fors­tet und prä­sen­tiert ein gro­ßes Kon­vo­lut dar­aus zum ers­ten Mal der Öffent­lich­keit. Neben dem foto­gra­fi­schen Schwer­punkt sind zahl­rei­che ori­gi­na­le Doku­men­te aus der dama­li­gen Zeit zu sehen. Ergänzt wur­den die Stü­cke aus den muse­ums­ei­ge­nen Bestän­den um groß­zü­gi­ge Leih­ga­ben aus öffent­li­chen Insti­tu­tio­nen und von pri­va­ten Leihgeber*innen und Zeitzeug*innen. Wert­vol­le wie eben­so kurio­se Gebrauchs- und All­tags­ge­gen­stän­de sowie Relik­te aus der mili­tä­ri­schen Besat­zungs­zeit ergän­zen die his­to­ri­sche Auf­ar­bei­tung der Besat­zungs­zeit in Linz. In extra für die Aus­stel­lung pro­du­zier­ten Vide­os kom­men Zeitzeug*innen mit ihren per­sön­li­chen Geschich­ten der Lin­zer Nach­kriegs­zeit zu Wort.

Kurator*innen: Klau­dia Kres­leh­ner, Georg Thiel
Aus­stel­lungs­ar­chi­tek­tur: any:time Architekten

Videos

Nordico: Geteilte Stadt Linz 1945-55

Geteilte Stadt: Interview mit den Zeitzeug*innen Liselotte und Helmut Schwarzlmüller

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeuge Helmut Zaiser

Geteilte Stadt: Interview mit den Zeitzeug*innen Kurt und Trude Wieland

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeuge Peter Potye

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeuge Wilfrid Freudenthaler

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeugin Beatrix Eypeltauer

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeugin Hilde Röhrenbacher

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeugin Irmhild Maaß

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeugin Ursula Hackl

Geteilte Stadt: Interview mit Zeitzeugin Vera Rosenblattl

Kata­log zur Aus­stel­lung, erschie­nen im Anton Pus­tet Ver­lag. Andrea Bina, Klau­dia Kres­leh­ner, Georg Thiel (Hrsg.)

247 Sei­ten, deutsch

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