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Museum under de/​construction

Mit der Aus­stel­lung What the Fem*? (11.11.2022 – 28.05.2023) stellt sich das Nordico Stadt­mu­se­um einer viel­fäl­ti­gen, offe­nen und pro­zess­haf­ten Aus­ein­an­der­set­zung mit dem The­ma Femi­nis­mus“. Wir haben Aktivist*innen, Frau­en*- und LGBT­QIA+ Initia­ti­ven und Ver­ei­ne ein­ge­la­den ihre eige­nen Fra­gen, The­men, Wider­sprü­che und Lebens­rea­li­tä­ten ein­zu­brin­gen und in der Aus­stel­lung sicht­bar zu machen. So blei­ben zu Aus­stel­lungs­be­ginn erst­mals ein­zel­ne Wand­be­rei­che und Raum­tei­le leer. Die­se construction“-Situationen (Bau­stel­len) unter­schei­den sich gestal­te­risch von jenen Tei­len, wel­che die Stim­me des Muse­ums, der Kura­to­rin zei­gen. Bis zum Ende der Aus­stel­lung wer­den an fünf Ter­mi­nen unter­schied­li­che Grup­pen und Per­so­nen die Leer­stel­len befül­len und damit ande­re Stim­men sicht­bar machen. Die Schau wird so in einer Viel­falt wach­sen, die immer wie­der Über­ra­schen­des und Neu­es zei­gen wird. Dabei kann es pas­sie­ren, dass die ursprüng­li­che Erzäh­lung in Fra­ge gestellt, dass die Stim­me der Kura­to­rin unter­bro­chen oder ergänzt wird. Mit einem Wort: es geht um Dekon­struk­ti­on oder ein Muse­um under de/​construction“.

Wer spricht?

Das Museum

Einer­seits ist dies die anony­me Muse­ums­stim­me“, also jene Per­so­nen, die die­se Aus­stel­lung kon­zi­piert, die Kunst­wer­ke aus­ge­wählt, die Gestal­tung vor­ge­nom­men und Kon­tex­tua­li­sie­run­gen dazu ver­fasst haben. Autor*innen von Aus­stel­lungs­tex­ten sagen meist nicht dazu, wer sie sind, woher sie kom­men und was ihre Welt­sicht bestimmt. Dies erweckt oft den Ein­druck einer ver­meint­lich neu­tra­len Sprecher*innenposition, was die­ser Stim­me den Anschein von Objek­ti­vi­tät“ und All­wis­sen­heit“ ver­lei­hen kann. Jedoch: Ob jene, die Geschich­ten erzäh­len selbst Erfah­rung mit z. B. Ras­sis­mus, Sexis­mus oder Aus­gren­zun­gen erle­ben, prägt mit, wie sie die­se Geschich­ten erzäh­len, wel­che Geschich­ten sie für wich­tig erach­ten, wie sie Archiv­ma­te­ri­al beur­tei­len, wonach sie suchen und wohin der Fokus gelenkt wird. 

Aktivist*innen, Frauen*- und LGBTQIA+ Initiativen und Vereine

Im Recher­che­pro­zess zur Aus­stel­lung haben Gesprä­che mit Aktivist*innen und Initia­ti­ven die Pro­ble­ma­tik ver­deut­licht, dass in kul­tu­rel­len Insti­tu­tio­nen hier­zu­lan­de meist aus­schließ­lich wei­ße Sprecher*innenpositionen, die der Mit­tel­schicht ange­hö­ren, die Erzäh­lung für sich bean­spru­chen – und das ist nicht nur in Bezug auf ein poli­ti­sches The­ma wie Femi­nis­mus pro­ble­ma­tisch. Daher freut es uns umso mehr, dass enga­gier­te Per­so­nen aus ver­schie­de­nen Lin­zer Initia­ti­ven fünf Arbeits­krei­se bil­de­ten, die zu fol­gen­den The­men an und mit der Aus­stel­lung arbei­ten und die­se Ergeb­nis­se Schritt für Schritt in die Schau ein­brin­gen wer­den. Damit sich die Besucher*innen der Aus­stel­lung ori­en­tie­ren kön­nen, gibt es für jeden Arbeits­kreis eine ande­re Far­be. Die Ergeb­nis­se sind ab einem bestimm­ten Ter­min in der Aus­stel­lung sichtbar.

    Seit 19.01. STICK TOG­E­THER – SOLI­DA­RISCH (K)LEBEN
    Arbeits­kreis 1: aFz Linz, FIFTI­TU%, Bünd­nis 8. März, Femi­nis­mus & Kra­wall, Frauen*Volksbegehren 2.0

    Die Instal­la­ti­on STICK TOG­E­THER – SOLI­DA­RISCH (K)LEBEN the­ma­ti­siert die größ­ten­teils noch immer uner­füll­ten For­de­run­gen der Frauen*Bewegungen aus den drei Wel­len und bezieht dabei auch aktu­el­le For­de­run­gen von Klimaaktivist*innen wie der last genera­ti­on mit ein, die bereits frü­her Bestand­teil femi­nis­ti­scher Dis­kur­se sind. Durch die Instal­la­ti­on drin­gen die For­de­run­gen der Frauen*Bewegungen ins Muse­um ein, ver­brei­ten sich da, um anschlie­ßend wie­der in den öffent­li­chen Raum getra­gen zu wer­den. QR-Codes auf Sti­ckern ermög­li­chen eine akti­ve Par­ti­zi­pa­ti­on durch Ergän­zung feh­len­der For­de­run­gen auf einer Lan­ding­pa­ge unter https://​www​.die​for​de​run​gen​.at. Ober­ös­ter­reichs Frau­en* (aFz Linz, FIFTI­TU%, Bünd­nis 8. März, Femi­nis­mus & Kra­wall, Frauen*Volksbegehren 2.0) ver­bün­den sich.

    Seit 02.02. Les­bi­sche Sicht­bar­keit inner- und außer­halb der LGBTIQ+ Com­mu­ni­ty“
    Arbeits­kreis 2: HOSI Linz, Quee­re Frau­en Linz

    Les­ben waren und sind ein wich­ti­ger Bestand­teil der femi­nis­ti­schen Bewe­gung. Wenn wir also über Femi­nis­mus spre­chen, ist es wich­tig, dass wir auch die les­bi­sche Per­spek­ti­ve mit­ein­be­zie­hen. Zusätz­lich sind Les­ben Teil der LGBTIQ+ Com­mu­ni­ty, also all jener Men­schen, die auf­grund ihrer sexu­el­len Ori­en­tie­rung und/​oder ihrer Geschlechts­iden­ti­tät nicht dem hete­ro­nor­ma­ti­ven Welt­bild ent­spre­chen. Aber sowohl inner­halb der Frau­en­be­we­gung als auch inner­halb der LGBTIQ+ Bewe­gung blei­ben Les­ben häu­fig unsicht­bar. Ihre Inter­es­sen und For­de­run­gen gera­ten oft in den Hin­ter­grund. War­um ist das so? Und wie kön­nen Les­ben sicht­ba­rer wer­den? Braucht es den Begriff Les­be“ heut­zu­ta­ge über­haupt noch? Und was genau ver­ste­hen wir dar­un­ter? Die­se und wei­te­re Fra­gen wur­den in einem Work­shop im Nordico im Jän­ner dis­ku­tiert. Den Work­shop lei­ten Susan­ne Kalka und Hele­ne Trax­ler, die gemein­sam das Buch Les­bisch – Femi­nis­tisch – Sicht­bar: Role Models aus dem deutsch­spra­chi­gen Raum“ her­aus­ge­ge­ben haben, sowie Ger­hard Nie­der­leuth­ner von der HOSI Linz. Die Ergeb­nis­se der Dis­kus­si­on sind in Lila in der Aus­stel­lung sicht­bar gemacht worden. 

    Seit 23.02. Muse­um under de/​construction: Black, Queer & Trans Radi­cal Femi­nism – Deco­lo­ni­sing the Nordico – Teil 1/2″

    Teilnehmer*innen am Arbeits­kreis 3“ sind JAA­PO. Die Initia­ti­ve hat BIPOC (Black, Indi­ge­nous, Peop­le of Color) am Don­ners­tag den 16. Febru­ar um 17 Uhr zu einem gemein­sa­men Aus­stel­lungs­rund­gang mit anschlie­ßen­der Dis­kus­si­on ein­ge­la­den. Dabei wur­den The­men erör­tert wie zum Bei­spiel die Rol­le und Funk­ti­on von Muse­en aus der Per­spek­ti­ve von BIPOC, oder etwa Fra­gen gestellt, wo Linz aus der Per­spek­ti­ve von schwar­zen Frau­en* und Women* of Color steht. Der Arbeits­kreis 3“ prä­sen­tiert die Ergeb­nis­se als Gra­phic Record­ing und in Form von Inter­ven­tio­nen in der Far­be Magen­ta“ in der Ausstellung. 

    Seit 23.03. Muse­um under de/​construction: Black, Queer & Trans Radi­cal Femi­nism – Deco­lo­ni­sing the Nordico – Teil 2/2″

    Teilnehmer*innen am Arbeits­kreis 4“ sind kol­lek­tiv & MAIZ. Unter dem Titel Black, Queer & Trans Radi­cal Femi­nism – Deco­lo­ni­sing the Nordico – Teil 2/2″ und mit der Far­be Oran­ge sind ihre Inter­ven­tio­nen in der Aus­stel­lung zu sehen. Dabei stell­ten sich die Initia­ti­ven am 03.03. in Form einer öffent­lich zugäng­li­chen Ver­an­stal­tung die Fra­ge: Wer putzt das kri­ti­sche Muse­um? Was tun, wie den­ken, wie sich ver­hal­ten als poli­tisch orga­ni­sier­te Migrant*innen, wenn das Muse­um sich kri­tisch zeigt? Am 23.03. luden die Initia­ti­ven zu einem unge­müt­li­chen Rund­gang im Muse­um ein und inter­ve­nier­ten live vor Ort.

    Seit 20.04. Muse­um under de/​construction: Muse­um under de/​construction. Selbst­re­fle­xi­on eines Pro­zes­ses des Ver/​Lernens“

    Teilnehmer*innen am Arbeits­kreis 5“ ist das Team des Nordico Stadt­mu­se­um selbst. Der Pro­zess der Selbst­re­fle­xi­on des Muse­ums und sei­ner Mitarbeiter*innen ist eben­falls in die Aus­stel­lung inte­griert wor­den. Wir sind im Rah­men des Aus­stel­lung­pro­zes­ses under de/​construction“ mit vie­len neu­en und auch kri­ti­schen Fra­gen kon­fron­tiert wor­den, Fra­gen die nicht nur den kura­to­ri­schen Pro­zess betref­fen, son­dern die gesam­te Muse­ums­pra­xis. Die­se Erfah­run­gen und Fra­gen wur­den mit dem Team geteilt, die Kri­ti­ken und The­men die laut und sicht­bar gewor­den sind, bei einem muse­ums­in­ter­nen Arbeits­tref­fen gemein­sam reflek­tiert und unse­re bestehen­de Struk­tur gemein­sam und offen beleuchtet. 

    So konn­ten Fra­gen und Erkennt­nis­se aus dem Pro­zess bei What the Fem*?“ für alle Mitarbeiter*innen von Nordico und Lentos gewon­nen wer­den. Die in der Aus­stel­lung gezeig­ten Ergeb­nis­se ent­stam­men die­sem ers­ten gemein­sa­men Nach­den­ken von allen Abtei­lun­gen inklu­si­ve Geschäfts­füh­rung über die Muse­ums­struk­tu­ren als Reak­ti­on auf die erfah­re­ne Kri­tik. Das von allen geteil­te Ergeb­nis ist jeden­falls, dass dies kein ein­ma­li­ger Pro­zess blei­ben darf. Die Kri­tik am Muse­um muss im Muse­um Fol­gen haben. Wei­te­re inten­si­ve Fort­bil­dun­gen zu The­men wie Diver­si­täts­sen­si­bi­li­tät“ und Öff­nung“ sind sol­che Schritte.

    Die Besucher*innen

    Die Dia­log­rei­he Gesprächs­stoff hat Besucher*innen im Lin­zer­zim­mer von Novem­ber bis Febru­ar ein­ge­la­den, sich aus­zu­tau­schen und gemein­sam neue Fra­gen und Gedan­ken zu ent­wi­ckeln. Die­se wur­den gesam­melt, sorg­fäl­tig geord­net und flo­ßen als Ergeb­nis­se in die Aus­stel­lung ein. Die Dia­log­rei­he wur­de von der Kunst­ver­mitt­le­rin Gabrie­le Kain­ber­ger gestal­tet. Aus­ge­wähl­te Gäs­te dis­ku­tier­ten zu ver­schie­de­nen Ter­mi­nen zu unter­schied­li­chen Themenschwerpunkten. 

    Unab­hän­gig von Ver­an­stal­tun­gen oder Füh­run­gen konn­ten sich Besucher*innen in der Aus­stel­lung auch selbst zu Wort mel­den und ihre Erfah­run­gen mit der Aus­stel­lung oder Femi­nis­mus in ihrer Lebens­rea­li­tät tei­len. Die Besucher*innenrückmeldungen sind an unter­schied­li­chen Wand­be­rei­chen in die Aus­stel­lung inte­griert worden. 

    Fem*Stempelpass 1+5

    Hol dir dei­nen Stem­pel­pass, mit dem du die Aus­stel­lung ins­ge­samt sechs­mal besu­chen und den Ent­wick­lungs­pro­zess mit­er­le­ben kannst. Als Beloh­nung winkt am Aus­stel­lungs­en­de ein Book­let! Erhält­lich an der Kasse.

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